Blick Hinter die Kulissen
Wie läuft eigentlich so ein Konzerttag ab?
Diese Frage höre ich oft. Und meistens merke ich dann, wie schwer sie eigentlich zu beantworten ist. Denn jeder Konzerttag ist anders, und doch gibt es so etwas wie einen wiederkehrenden Rhythmus aus Vorfreude, Improvisation, kleinen Pannen und Quality-Car-Time.
Hier also ein kleiner Einblick. Kein Protokoll, sondern eher ein Stimmungsbild. Am Beispiel unseres Konzerts in Köngen.
Der Tag beginnt ruhig, fast schon routiniert. Ich sitze mit einem Tee auf dem Sofa, das Notizbuch auf den Knien, und gehe nochmal alle Songs durch. Texte, Übergänge, kleine Geschichten, die ich erzählen möchte, nicht auswendig, sondern mit Gefühl. Ich frage mich, welche Stimmung wohl heute Abend in diesem schönen Saal entstehen wird. Was passt zu diesem Ort, zu uns, zu diesem einen Moment, der nur einmal so sein wird.
Irgendwann knurrt der Magen, und ich merke, dass ich weder gefrühstückt habe noch irgendetwas Essbares im Haus ist. Also: Nudeln mit Pesto. Nicht glamourös, aber schnell und immerhin warm. Konzerttage sind selten glamourös, eher ein bisschen wie Packen für einen Wochenendausflug mit Zeitdruck. Dinge fliegen durch die Wohnung: Noten, Kabel, Mikrofon, Lippenstift, Wasserflasche, Stativ, alles will mit, alles hat eine Funktion.
Während ich noch Haare richte und versuche, nicht zu spät zu sein, rufen Manuel und Max aus dem Auto an. Sie sind schon unterwegs und Max hat Hunger. Großen, nicht zu ignorierenden Hunger. Er hat es nicht mehr geschafft, vor der Abfahrt etwas zu essen. So kann man kein Konzert spielen, da sind wir uns doch einig. Während sie weiter Richtung Süden fahren, überlegen wir gemeinsam, wo man auf dem Weg etwas Essbares jagen kann. Ein Konzertabend ist eben nicht nur eine Frage der Musik, sondern auch des Blutzuckers.
Ich nehme die Straßenbahn in Richtung Treffpunkt, irgendwo in der Nähe der Autobahn. Kurz vorher steige ich nochmal aus, laufe schnellen Schrittes zum Imbiss und sichere Falafel und Hummus. Kein Festessen, aber ein kleiner Rettungsanker. Als ich am Treffpunkt ankomme, rollt das Auto zwei Minuten später auf den Parkplatz. Timing wie beim Popcorn im Topf. Zack, Deckel auf, da ist es.
Los geht’s, Stau ist eingeplant. Und wie immer enttäuscht Pforzheim nicht. Ein schöner Stau, zuverlässig wie ein alter Freund. In Wendlingen sammeln wir noch Markus ein, der extra aus Berlin angereist ist, um uns an diesem besonderen Abend am Saxophon zu unterstützen. Er steigt ein, alle begrüßen sich, die Stimmung ist jetzt schon gelöst und voller Vorfreude. Die Fahrt nach Köngen ist kurz. Wir kommen am Schloss an, steigen aus und stehen erstmal still. Der Saal ist wirklich besonders. Hohe Decken, ehrwürdige Wände, ein Ort, der Geschichten erzählen kann. Wir werden herzlich empfangen, laden aus und Manuel geht nochmal los, um Kaffee zu organisieren, ein Move, den wir alle sehr schätzen. Inzwischen ist auch Maurice angekommen. ONTO ist komplett.
Der Aufbau geht schnell, jeder weiß, was zu tun ist. Heute ist es auch nicht viel. Die PA steht schon, also nur Instrumente. Wir haben eine Stunde für den Soundcheck, gehen ein paar Lieder durch, klären technische Kleinigkeiten. Es klingt gut. Es fühlt sich stimmig an. Jetzt noch ein bisschen Pause, bevor es losgeht.
Während draußen die Gäste eintrudeln und wir uns auf ein ausverkauftes Haus freuen, ziehen wir uns in den Backstagebereich zurück. Butterbrezen, Käsebrote, Pfefferbeißer mit Senf. Regionale Klassiker, liebevoll bereitgestellt. Dazu kalte Getränke, sehr willkommen bei den Temperaturen. Alles ist da. Nur die CDs... nicht. Die sind zu Hause geblieben. Kurz ärgern, dann Lösung finden: Wir legen eine Liste aus und bieten an, per Rechnung zu schicken. Geht auch. Hauptsache, die Musik kommt an.
Kurz vor acht dann die Ansage durch den Vorsitzenden des Jazz-Clubs. Freundlich, klar, pünktlich. Unsere „Jugendlichkeit“ wird erwähnt. LIEBEN WIR! Wir nehmen das sehr gerne als Kompliment.
Dann beginnt das Konzert. Bühne betreten, durchatmen, rein in die Musik. Die ersten Töne, das gemeinsame Spiel, das Hören, Reagieren, Tragen, sich Raum geben, das alles passiert fast von allein, wenn die Verbindung stimmt. Der Abend fließt, Stück für Stück. In der Pause kurze Gespräche, Lächeln, Rückmeldungen. Dann das zweite Set, konzentrierter, tiefer, ein bisschen freier.
Nach zwei Zugaben endet das Konzert offiziell. Der Applaus ist laut und lang, das tut gut. Danach stehen wir noch lange im Saal, sprechen mit Gästen, hören, was berührt hat, was angekommen ist. Die CDs sind zwar nicht da, aber das macht kaum einen Unterschied. Die Menschen tragen sich in die Liste ein und warten eben noch ein bisschen bis sie ein Stück von uns per Post bekommen. Jetzt gehen sie erstmal mit schönen Momenten nach Hause und das ist das Wesentliche.
Abbau geht schnell, wir sind ein eingespieltes Team. Alles zurück in die Hüllen und Instrumente verstauen. Dann rein ins Auto, auf die Rückfahrt. Ich bin gegen halb eins zu Hause, müde, aber zufrieden. Die anderen haben noch ein gutes Stück vor sich. Ich dusche, setze mich nochmal an den Tisch, und schreibe. Weil es so viele kleine Dinge gibt, die man sonst vergisst, wie Falafel vor der Autobahn, wunderbare Begegnungen, Pfefferbeißer mit Senf.
Gute Nacht! :-)